D&O-Versicherungen
Sie treffen als Geschäftsführer oder Vorstand tagtäglich zahlreiche Entscheidungen von meist weitreichender wirtschaftlicher Bedeutung für Ihr Unternehmen? Können Sie sich sicher sein, dass auch wirklich jede dieser Entscheidungen richtig war? Wohl nicht, denn auch Sie sind nur ein Mensch und somit liegt es leider fast zwangsläufig auf der Hand, dass nicht alle der von Ihnen eingeschlagenen Wege an das erwünschte Ziel führen können...
Sicherlich haben auch Sie sich jedoch oftmals schon gefragt, ob Sie als Unternehmensleiter für die Tragweite einer potentiell fehlerhaften Entscheidung von den Gesellschaftern Ihres Unternehmens persönlich in Anspruch genommen werden können. Die Antwort auf diese heikle Frage wird Sie wohl eher nicht überraschen, denn sie lautet betrüblicherweise grundsätzlich erst einmal: Ja. Und nicht nur gegenüber Ihrem Unternehmen selbst, auch gegenüber Gläubigern, Aktionären und sonstigen Dritten kann eine Haftung auf Schadenersatz durchaus gegeben sein.
Schadenersatzansprüche kommen bereits bei leichter Fahrlässigkeit in Betracht
und
die Beweislage ist zudem oftmals äußerst schwierig!
Stellt sich heraus, dass ein Unternehmensleiter mutmaßlich eine fehlerhafte Entscheidung getroffen, seine Kompetenzen überschritten, gegen Treue-, Auskunfts- oder Berichtspflichten verstoßen bzw. Eigentumsrechte Dritter missachtet hat und dadurch ein finanzieller Verlust oder Mehraufwand entstanden ist, drohen Schadenersatzansprüche und Abwehrkosten in erheblicher Höhe.
Gesetzliche Vertreter juristischer Personen werden für von Ihnen verursachte Vermögensschäden mit ihrem Privatvermögen zur Verantwortung gezogen. Unterschieden wird hierbei zwischen einer sogenannten Haftung im Innenverhältnis, also gegenüber der Gesellschaft selbst, und einer Haftung im Außenverhältnis. Außenhaftung bedeutet die Möglichkeit der Inanspruchnahme durch Dritte, also beispielsweise durch Kunden, Lieferanten, Wettbewerber oder Arbeitnehmer, aber auch durch Banken, Finanzbehörden, Sozialversicherungsträger und Insolvenzverwalter.
Haftungsgrundlage hierfür bildet bei Geschäftsführern einer GmbH § 43 GmbH-Gesetz, bei Vorständen einer AG § 93 AktG und bei Aufsichtsräten einer AG § 116 AktG. Dort ist die Sorgfaltspflicht und Verantwortlichkeit der Geschäftsführungs-, Vorstands- und Aufsichtsratsmitglieder geregelt. Diese Organe haben bei der Geschäftsführung bzw. bei der Überwachung der Geschäftsführung die sogenannte Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters anzuwenden. Hierbei gelten folgende Parameter:
- Wurden sämtliche Erkenntnisquellen erschlossen?
- Wurden alle Möglichkeiten zur Risikominimierung wahrgenommen?
- Wurde das Für und Wider der Entscheidung intensiv genug abgewogen?
Vorschriften, wie das Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich (KonTraG), das Transparenz- und Publizitätsgesetz (TransPuG) sowie diverse Gerichtsurteile verschärfen zudem noch die ohnehin bereits heikle Situation. Für Vorstände und Aufsichtsräte von Aktiengesellschaften heißt es darüber hinaus auch noch die Regeln des sogenannten Corporate Governance Kodex zu beachten.
Ansprüche aufgrund der Verletzung der vorgenannten gesetzlichen Obliegenheiten verjähren erst nach fünf Jahren ab Entstehung. Demzufolge kann ein für einen finanziellen Schaden potentiell Verantwortlicher durchaus auch noch nach dessen Ausscheiden aus dem Unternehmen in Anspruch genommen werden. Bei einer strittigen Beweislage ist zudem nicht der Geschädigte für das angebliche Fehlverhalten beweispflichtig, sondern der Unternehmensleiter muss nachweisen, dass seine Entscheidung zum damaligen Zeitpunkt richtig war (umgekehrte Beweislast). Erschwerend wirkt sich oftmals auch noch aus, dass der beschuldigte Geschäftsführer oder Vorstand mit sofortiger Wirkung freigestellt wird und somit keinen Zugriff mehr auf ihn möglicherweise entlastende Unterlagen hat.
Ähnliche Haftungsmaßstäbe (Pflichtverletzungen gemäß Gesellschaftsvertrag) könnten im Übrigen auch für die Geschäftsleitung einer Personengesellschaft zur Anwendung kommen. Ebenso haften auch ehrenamtliche Vereinsvorstände gem. § 31a Abs. 1 BGB (unter bestimmten Voraussetzungen jedoch nur bei auf grober Fahrlässigkeit sowie Vorsatz beruhenden Pflichtverletzungen) mit ihrem Privatvermögen gegenüber dem Verein. Hingegen können sie sich bei leicht fahrlässig begangenen Verstößen gegenüber Dritten zwar vom Verein freistellen lassen, bei einem darüber hinausgehenden Verschuldensgrad bleibt jedoch auch diese Haftung des Vorstands in unbegrenzter Höhe bestehen.
Dieses Haftungsrisiko ist durch eine Vermögensschaden-Haftplichtversicherung für Unternehmensleiter (D&O-Versicherung) versicherbar. Sie sichert somit die Geschäftsleitung sowie ggf. vorhandene Aufsichtsorgane von Wirtschaftsunternehmen gegen Folgen zivilrechtlicher Verantwortlichkeit und ist längst kein absolut exotisches Versicherungsprodukt mehr. Obwohl im Volksmund leider immer noch gerne als „Versicherungsschutz für Nieten in Nadelstreifen“ verpönt und oftmals als „Freifahrtschein für zweifelhafte Managemententscheidungen“ missverstanden, ist die D&O-Versicherung und ihr Beitrag zur Existenzsicherung der Führungsspitze nicht nur der Industrie, sondern zunehmend auch von mittelständischen Unternehmen, in unserem heutigen Wirtschaftsumfeld nicht mehr wegzudenken.
Organe juristischer Personen, die wegen eines Vermögensschadens aufgrund fahrlässigen Verhaltens haftpflichtig gemacht werden, genießen hierdurch Versicherungsschutz, der sich zum einen auf die Befriedigung berechtigter Ansprüche und zum anderen auf die Abwehr unbegründeter Ansprüche erstreckt.
Versicherungsnehmer und somit Prämienschuldner eines Vertrages ist grundsätzlich das Unternehmen selbst, versicherte Personen sind hingegen die Mitglieder des Leitungs- bzw. Aufsichtsgremiums der Gesellschaft.
Denkbar sind z.B. folgende Schadenfälle, die teilweise bereits von der Rechtsprechung bejaht wurden:
Ein Geschäftsführer bzw. ein Vorstand haftet u.U., wenn er
- eine Forderung hat verjähren lassen, die er versehentlich falsch terminiert hat;
- einen unqualifizierten Mitarbeiter eingestellt hat;
- nicht entdeckt hat, dass ein Mitarbeiter ständig fehlerhafte Entscheidungen traf;
- die Führung der Bücher nicht ausreichend überwacht hat; die Aufsichtsgremien nicht über eine ungünstige Geschäftsentwicklung unterrichtet hat;
- eigenmächtig auf Forderungen gegen Dritte verzichtet hat; infolge unzureichender Informationen über die Rechtslage fehlerhaft entschieden hat bzw. wenn er es trotz Fehlen eigener ausreichender Sachkunde bei einer komplizierten Vertragsgestaltung verabsäumt hat, rechtzeitig den Rat eines kompetenten Fachmanns einzuholen;
- behördliche Brandschutzauflagen nicht rechtzeitig erfüllt hat, wodurch es zu einer Betriebsstilllegung kommt;
- Arbeitnehmerbeiträge zur Sozialversicherung nicht ordnungsgemäß an die Sozialversicherungsträger weitergeleitet hat;
- es unterlässt, staatliche Subventionen rechtzeitig zu beanspruchen;
- Verträge oder Wechsel nicht ordnungsgemäß unterzeichnet (z.B. fehlender GmbH-Zusatz);
- es unterlässt, dafür zu sorgen, dass die vom Unternehmen genutzten AGB nicht zueinander passen und dadurch einem Dritten ein Schaden entsteht;
- den Insolvenzantrag verspätet stellt (Insolvenzverschleppung).
Im Außenverhältnis sind beispielsweise auch noch folgende Fälle denkbar:
- Gegenüber Gläubigern haftet der Unternehmensleiter direkt, wenn sein persönliches Vertrauen in besonderem Maße in Anspruch genommen wurde oder er ein unmittelbares wirtschaftliches Eigeninteresse an dem abzuschließendem Geschäft hat. Es kann dann zu Schadenersatzansprüchen führen, wenn schuldhaft allgemeine Schutz-, Fürsorge- oder Aufklärungspflichten verletzt wurden (Verschulden bei Vertragsverhandlungen; c.i.c.). Zu denken ist hier beispielsweise an den Fall, dass der Unternehmensleiter gegenüber einem Vertragspartner versehentlich unrichtige Auskünfte über die finanzielle Situation des Unternehmens erteilt.
- Vorstellbar ist auch, dass sonstige Dritte (z.B. Konkurrenzunternehmen) Schadenersatzansprüche wegen unlauterem Wettbewerbs oder kartellrechtlicher Behinderung geltend machen.
Aufsichtsräte bzw. Beiräte haften u.U., wenn sie
- Verzögerungen bei der Stellung des Insolvenzantrages trotz Kenntnis der Überschuldung des Unternehmens unbeanstandet hinnehmen;
- von Existenz bedrohenden Geschäften erfahren und – nachdem der Vorstand diesbezügliche Nachfragen unvollständig bzw. unbefriedigend beantwortet hat – nicht die notwendigen Konsequenzen gezogen haben;
- der Veräußerung eines Betriebsgrundstückes zu einem weit unterhalb des Verkehrswertes liegenden Verkaufspreis zugestimmt haben;
- ihren Überwachungspflichten nicht ausreichend genug nachgekommen sind.